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Überforderter Rechtsstaat – Ausgehöhlte Demokratie?

Zur Frage des Rechtsstaats und den Grenzen des Strafrechts im Zusammenhang mit Klimaprotesten und Bauerndemonstrationen ging es auf dem 17. Juristentag im Erzbistum Paderborn, an dem Rechtsanwalt Thomas Meinke am 04. März 2024 in der Katholischen Akademie Schwerte teilnahm. Der Justizminister des Landes Nordrhein-Westfalen, Dr. Benjamin Limbach, gab einen Überblick über die sogenannte „Gesellschaftliche Selbstermächtigung“, unter der die Absicht verstanden wird, politische, idealistische oder ethische Motive zu verfolgen und dabei rechtliche und soziale Grenzen bewusst zu ignorieren und zu überschreiten.

Dazu zählen die Eskalation von Corona-Protesten ebenso wie die sogenannten „Klima-Kleber“ der Letzten Generation, aber auch Autobahnblockaden durch protestierende Landwirte.

Minister Dr. Limbach stellte ebenso wie Prof. Dr. Franz Reimer von der Justus-Liebig-Universität Gießen, Prof. Dr. Ken Eckstein von der Ruhr Universität Bochum und jun. Prof. Dr. Jonas Hagedorn, ebenfalls von der Ruhr-Universität Bochum das Spannungsfeld zwischen zivilem Ungehorsam und dem Strafrecht dar. Zugleich wurde ein Rückblick in die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland und deren Protestbewegung bis hin zu den Protesten gegen die Stationierung von Pershing II-Raketen, die Friedensbewegung oder Anti-AKW-Demonstrationen geworfen.

Die Teilnehmer waren sich einig, dass das Strafrecht stets nur die Ultima Ratio sein könne, um in gesellschaftlichen Konflikten äußere Grenzen zu setzen und andere Rechtsgüter zu schützen, die in einem umfangreichen Abwägungsprozess zu berücksichtigen sind.

Besondere Bedeutung kommt dabei der Prüfung des Tatbestandsmerkmals der „Verwerflichkeit“ im Rahmen des Paragrafen § 240 Abs. 2 StGB zu (vgl. Bundesverfassungsgericht E104, 92). Danach sind unvermeidbare Behinderungen und Zwangswirkungen von Protesten als sozialadäquate Nebenfolgen gerechtfertigt. Es erfolgt eine Abwägung zwischen dem Zweck des Art. 8 Grundgesetz (politische Fernziele dürfen nicht bewertet werden) und dem Mittel der Blockade. Dabei erfolgt eine Gewichtung nach der Art und dem Maß der Auswirkungen. Dazu gehören die Dauer, Intensität, vorherige Bekanntgabe, Ausweichmöglichkeiten und der Sachbezug zum Zweck der Versammlung.

Die bloße körperliche Anwesenheit einer Person an einer Stelle, die ein anderer einnehmen will, als bloß geistig-seelischer Einfluss genügt nicht (Bundesverfassungsgericht, E92,1). Werden aber durch Blockaden, insbesondere anhaltende Kraftfahrzeuge, nachfolgende Fahrzeuge an einer Weiterfahrt gehindert, kann eine Nötigung gegeben sein.

Eine angemessene Reaktion erfolgt insbesondere bei der Strafzumessung. Hier können gemäß § 46 StGB Beweggründe und Ziele der Demonstrierenden berücksichtigt werden. Bei Geringfügigkeit der Schuld und des öffentlichen Interesses an einer Strafverfolgung gemäß §§ 153, 153 a) StPO kann auch eine Einstellung des Verfahrens geboten sein.

Die ausführliche Tagungsdokumentation ist bei der Katholischen Akademie Schwerte, Berger Hofweg 24, 58239 Schwerte, info@akademie-schwerte.de, 02304-47770 erhältlich.


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